Reformation im Henneberger Land

Bauernkrieg und Reformation standen nicht nur in zeitlichem, sondern vor allem in ideellem Zusammenhang. Bereits 1517 hatte Luther mit seinem Thesenanschlag an der Kirche zu Wittenberg den Grundstein zur Reformation gelegt.

Der bevorstehende ideologische Umbruch in der Gesellschaft zeigte sich bereits seit dem Ende des 15. Jh. im stark wachsenden Bildungsgrad des Bürgertums, das durch die Erfindung des Buchdrucks große Verbreitung fand. In den akademisch gebildeten Bürgersöhnen fanden Luther und Müntzer zahlreiche Anhänger.
Der Bauernaufstand wurde zwar niedergeschlagen und viele seiner Wegbereiter hingerichtet, die neuen ideologischen Einflüsse fanden jedoch landesweite Verbreitung. Hinzu kam der Unmut vieler Landesfürsten gegen die Machtposition der Kirche. Das Zunftwesen in den Städten hatte seine Blüte erreicht und führte zu einem erheblichen sozialen Aufschwung des städtischen Bürgertums – so auch in Kaltennordheim. Der Stadtflecken wuchs über seine bisherigen Grenzen hinaus. Westlich der Felda entstand eine neue Bebauung.


Schmalkalden entwickelte sich zu einer Hochburg des Protestantismus. Hier begründeten die Abgesandten der protestantisch orientierteren Länder, Kursachsen und Hessen, am 22. und 31. Dezember 1530 den Schmalkaldischen Bund - eine militärische Vereinigung gegen den Habsburger Kaiser Karl V. und gegen die katholischen Adelsstände.
Eine folgenschwere Spaltung der mitteleuropäischen Welt nahm damit ihren Anfang, welche ein knappes Jahrhundert später, mit dem Dreißigjährigen Krieg, den unrühmlichsten Höhepunkt in der Geschichte erreichte.
Das Bündnis der protestantischen Fürsten stellte eine gewaltige Machtposition dar. Den Hennebergern fiel jedoch die Entscheidung schwer, sich offen zum Protestantismus zu bekennen, waren sie doch durch verwandtschaftliche Beziehungen sowie durch zahlreiche Verpfändungen und Verlehnungen an die katholische Kirche gebunden – vor allem an das Bistum Würzburg und an die Abtei Fulda. Außerdem befanden sie sich gerade um diese Zeit in ihrer bis dahin schlimmste finanzielle Lage. Angesichts des Zusammenschlusses der protestantischen Fürsten und Hansestädte im Schmalkaldischen Bund und des damit neu entstandenen Machtfaktors, konnten sich auch die Henneberger dem gesellschaftlichen Wandel nicht entziehen.


Im Jahre 1543 berief Graf Wilhelm von Henneberg den bekannten Protestanten und Freund Luthers, Johann Forster, nach Schleusingen und beauftragte ihn mit folgenden Diensten: ,,Neugestaltung der Gottesdienste, Anschaffung deutscher Bibeln, Anstellung von tüchtigen Pfarrern, Einrichtung von Schulen und der geistlichen Aufsicht derselben."
Auch im Feldatal unterstand von nun an die Entwicklung in Kirche und Schulwesen Forsters Aufsicht. In dieser Zeit setzte sich die Reformation auch im hier durch. Lediglich die Orte Zella mit Föhlritz, Steinberg und Mückenhof blieben katholisch, da sie der Abtei Fulda unterstanden. Der erste Pfarrer, welcher im Feldatal zur evangelischen Lehre übertrat, war Nicolaus Dietich, der damalige Pfarrer von Fischbach. In Dermbach wurde 1547 ein evangelischer Pfarrer eingesetzt und in Kaltennordheim erfolgte 1554 die Anstellung von M. Johann Hellers als evangelischer Pfarrer. Heller war gebürtiger Nürnberger, hatte in Wittenberg ordiniert und war stark von Luthers Lehren geprägt. Bevor er in Kaltennordheim eingesetzt wurde, war er bereits zwei Jahre als Pfarrer in Rosa tätig.
Die große geistige Leistung der Reformationszeit äußerte sich vor allem in der erstmaligen Begründung eines landesweiten Schulwesens. Erstmals wurden in den Städten und Dörfern allgemeine Schulen eingerichtet, welche immerhin jedem Kind die Möglichkeit eröffnete, wenigstens ein Grundwissen in Lesen, Schreiben und Rechnen sowie einen kleinen Einblick in die Naturwissenschaften zu erwerben.
Bis 1597 gab es im Kaltennordheimer Stadtflecken nur die Kilianskirche, auch Gottesackerkirche genannt. Erst 1597 wurde der Bau der St. Nikolauskirche im Stadtflecken begonnen. In einem Schriftstück, einer Rechnung von 1615, werden die Baukosten für die Kirche mit Turm, für das neue Rathaus, für die Verbesserung der Pfarrwohnung und des Schulhauses mit insgesamt 3 500 Gulden angegeben. (Landeskunde d. Großherzogt. Sachsen-Weimar-Eisenach, Teil II, 1879)


Damit wird bezeugt, dass es um diese Zeit bereits ein Schulhaus in Kaltennordheim gegeben hat, welches mit Sicherheit in der Folgezeit der Reformation erbaut worden ist.
In einer Steuerliste Kaltennordheims aus dem Jahre 1566 werden zahlreiche Steuerzahler aufgezählt. Aus den dabei erwähnten Berufsbezeichnungen geht hervor, dass auch in Kaltennordheim die Entwicklung des Handwerkes einen starken Aufschwung genommen hatte.
Blick auf Kaltennordheim aus nördlicher Richtung mit Nicolaikirche (Mitte) und Kilianskirche (rechts oben), um 1780, Zeichner unbekannt Foto: Stadtarchiv Kaltennordheim
Die Darstellung zeigt die 1597 erbaute Kirche mit dem Turm in östlicher Richtung. Links am Weg ist blockweise aufgeschichtetes Steinmaterial zu erkennen, das aus dem Kaltennordheimer Kalksteinbruch stammte und zum Wegebau verwendet wurde.

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