Die Nikolaikirche zu Kaltennordheim

Im Jahre 1592 bittet die Gemeinde Kaltennordheim bei der gemeinschaftlichen Regierung von Meiningen um Erlaubnis, „eine Kirche im Flecken aufbauen zu dürfen". Die bis dahin einzige Kirche Kaltennordheims, die Friedhofskirche, lag „weit auf dem Berge und war von alten Leuten im Winter gar nicht zu erreichen".

1597 wurde mit dem Bau der Kirche begonnen. Der Kirchturm stand auf der Ostseite der Kirche, dicht an der Felda. In seinem Inneren befand sich der Altarraum. Fenster und Gesimse zeigten spätgotische Formen, die bei mehreren Umbauten Veränderungen erfuhren.


Im Dreißigjährigen Krieg wüteten 1634 die Kroaten unter Isolani auch in Kaltennordheim. Dabei zerstörten sie u.a. die Stadtkirche. Der Sage nach soll einige Jahre später ein Birnbaum in der Ruine gestanden haben, der reife Früchte trug. Während des Krieges war man nicht in der Lage, die Kirche wiederaufzubauen, und erst im Jahre 1661 besah Herzog Wilhelm IV. die Ruine und stellte 82 große Baumstämme aus dem Zillbacher Wald und finanzielle Mittel zum Wiederaufbau der Kirche zur Verfügung. Bis 1666 dauerte es, bis das Gotteshaus wiedererrichtet war. Am 5. August genannten Jahres fand der Kirchweihgottesdienst statt. Bereits 1660 kaufte die Gemeinde eine neue große Glocke, die in Würzburg gegossen wurde. 1662 folgte eine weitere, die z. T. aus dem Material der früheren, zerstörten Glocken sowie englischem Zinn gegossen wurde. 1771 schaffte die Kirchengemeinde eine noch größere Glocke für 400 Taler an. Auf eine Orgelbegleitung mussten Kaltennordheims Christen bis 1683 verzichten, dann erwarben die Rhönstädter ein gebrauchtes Orgelwerk aus Meiningen. Im Jahre 1702 leistete man sich schließlich eine völlig neue Orgel, die ein Meister aus Tann errichtete, ist der Kirchenchronik zu entnehmen.
Die Stadtkirche muss ihren Schutzpatron gewechselt haben. 1821 ist sie als St. Georg-Kirche in der Chronik erwähnt. Damals begann man, das im Laufe der Jahre zu eng gewordene Gotteshaus zu erweitern. Schon 20 bis 30 Jahre zuvor sammelte man Kollekten für dieses Projekt, auch auswärts. 1800 Gulden hatte man schließlich zusammengespart. Der Einmarsch Napoleons nach Deutschland und die damit verbundenen Kriegswirren verzögerten das Kirchenbauprojekt bis 1821.


Der Eisenacher Baumeister Johann-Christian Koch erstellte einen Riss, der das umgebaute Gotteshaus darstellte. Zwei Emporen zog man ein, größere Fenster ließen mehr Licht in das Kirchenschiff. Während des Umbaus fanden sämtliche Gottesdienste in der Friedhofskirche statt. 1822 sollte wiederum eine neue Orgel angeschafft werden. Vom Schmiedefelder Orgelbaumeister Holland hatte man sich einen Kostenvoranschlag eingeholt: 14 000 Mark sollte das gute Stück kosten. Ob die Kaltennordheimer diese Orgel wirklich gekauft haben, verschweigt die Chronik. Erst 1828 wird die Stadtkirche wieder erwähnt, und zwar als Nikolaikirche, so wie das Gotteshaus auch heute noch genannt wird. Nikolaus war ein Bischof, der im 4. Jahrhundert in Kleinasien lebte. Mit großen und kleinen Gaben beschenkte der legendäre Kirchenfürst sein Volk. Der Nikolaustag am 6. Dezember erinnert uns noch heute an ihn.
Die Chronikerwähnung im Jahr 1828 erfolgte übrigens im Rahmen einer Bestandsaufnahme. Beschrieben wird das Gotteshaus als „Nikolaikirche hinter der steinernen Brücke an der Felda, geschmackvoll eingerichtet im Jahr ..." Die Jahreszahl blieb offen. am 21. und 24. Juni 1858 wurde Kaltennordheim durch heftige Brände heimgesucht, welche durch „ruchlose Hand" ausgelöst wurden. Dabei brannte auch die Nikolaikirche aus. „Diese heutige Kirche konnte nach diesem Brande, da die Not überall sehr groß war, nicht gleich aufgebaut werden", schreibt der Chronist Richard Gerlach. Zuerst errichtete man Pfarrhaus und Schule wieder. 1862 wurden beide eingeweiht. Bereits am 24. März 1859 erhielten die Kaltennordheimer eine neue Glocke für die ausgebrannte Kirche, gegossen in Apolda. Bis 1872 zahlte die Kirchgemeinde diese Glocke ab. 1865 begann man schließlich mit dem Wiederaufbau des Gotteshauses. Die ersten beiden Jahre wurden für Planung und der Bewältigung behördlicher Hürden benötigt. 1867 ist als eigentliches Baujahr überliefert. Der zur Verwendung kommende Sandstein kam aus Steinbrüchen in Hartschwinden und Unteralba. Die Kirche ist damals deshalb so groß gebaut worden (beispielsweise mit zwei Emporen), weil Kaltennordheim zu diesem Zeitpunkt Garnisonsstadt war, berichtet die Kirchenchronik.
Der Baustil ist etwas ungewöhnlich und enthält Elemente mehrerer klassischer Baustil-Epochen, beispielsweise Romanik und Gotik. Der Innenraum wirkte durch zwei Emporen dunkel. 1866 legte man übrigens fest, den Turm des neuen Gotteshauses auf die Westseite des Kirchenschiffes zu bauen. Die Kommune nahm auf Bitten der Kirchgemeinde bei den Sparkassen Dermbach und Eisenach ein Darlehen von 14 000 Talern für den Kirchenbau auf. Verzinsung und Tilgung erfolgten aus dem Überschuss der Gemeinde.


Als die Turmuhr angeschafft wurde, entschloss man sich, zunächst nur an West-, Süd- und Ostseite des Turmes Ziffernblätter anzubringen. Das vierte Ziffernblatt wurde erst 1902 eingebaut. Das Uhrwerk hatte man gebraucht gekauft - es hatte bereits 100 Jahre lang in Weimar seinen Dienst getan. Im November 1867 konnte die neue Nikolaikirche mit einem Festgottesdienst eingeweiht werden. Im gleichen Jahr pflanzte man im Pfarrgrundstück zwei Linden. Einer dieser Bäume ist heute noch erhalten und ragt direkt neben dem Pfarrhaus in luftige Höhe.
Die Orgel stiftete im Jahre 1867 die Großherzogin Sophie von Sachsen. Erbaut wurde das Instrument 1868 von Carl und August Peternell aus Seeligenthal und sie wurde bereits mehrmals überholt von Orgelbauer Böhm aus Gotha. Ebenfalls 1867 wurde übrigens der Taufstein gestiftet, besagt die Kirchenchronik. 1905 brachte der Kaltennordheimer Klempnermeister Heidinger einen Blitzableiter auf dem Kirchendach an. Dem 1. Weltkrieg fielen die Bronzeglocken zum Opfer, nur die mittlere Glocke blieb damals hängen und rief als alleinige zu kirchlichen Handlungen. Erst 1922 wurden neue Glocken angeschafft. Dazu wurden von der Gemeinde 5000 Mark und ein Jahr später 20 000 Mark gestiftet. Die große Glocke „Glaube”, klingt im Ton f und wiegt 1250 kg. Die mittlere Glocke „Liebe”, klingt im Ton a und wiegt 670 kg. „Hoffnung" heißt die kleinste Glocke mit 350 kg. Sie klingt im Ton c.
Die elektrische Läute Anlage wurde 1961 eingebaut und 1986 generalüberholt. Die Glasfenster im Altarraum wurden 1934 „zum Gedenken an den Mädchenschullehrer und Organisten Johann Valentin Bach, gestorben 1875 in Kaltennordheim" gestiftet und ausgeführt von Elisabeth Coester mit der Glaswerkstatt Herberle & Co, Hagen-Haspe. Stifter war ein Enkel. Bachs, nämlich der Pfarrer Carl-Friedrich-Wilhelm-Armin Bach. Die drei Fenster bringen die Grundtatsachen des christlichen Glaubens zur Darstellung.


Das linke Fenster stellt die Weihnachtsgeschichte dar: das Jesuskind in der Krippe, Maria, Josef, den Stall, Ochs und Esel, die Hirten sowie die himmlischen Heerscharen. Das mittlere Fenster zeigt die Frau am Ostermorgen in der Grabhöhle Jesu. Ein Lamm mit Fahne symbolisiert den Sieg Christi. Die Ausgießung des Heiligen Geistes aufwartende Menschen wird schließlich im rechten Fenster dargestellt. Die Gründung der urchristlichen Gemeinden wird hierdurch dokumentiert. Die Glasfenster in der Taufkapelle stammen dagegen aus den 60er Jahren und wurden in einer Erfurter Werkstatt gefertigt.
1946 musste der Turmknopf abgenommen und ausgebessert werden. Er war durch mutwilligen Beschuss belgischer Besatzungstruppen im Mai 1945 beschädigt worden. 1964 wurde das Kirchendach erneuert und 1965 der Turm neu eingedeckt. 1963 erneuerte die Kirchgemeinde das Werk der Turmuhr. Ein Präzisionsuhrwerk mit elektrischem Aufzug, hergestellt in Leipzig, schlug fortan im Kaltennordheimer Kirchenturm die Stunden.
In den Jahren 1967/68 wurde die Kirche umgebaut. Die Emporen wurden entfernt, so dass das Kirchenschiff nun einen hellen, freundlichen Eindruck erweckt. Die übrigen Bänke fanden in der Friedhofskirche einen neuen Verwendungszweck. Die Orgel wurde von der oberen zur unteren Empore versetzt. Auch die Decke zog man ein, zuvor sanierte man den Dachstuhl. Die Leuchter wurden nach schwedischen Konstruktionsplänen in der Magdeburger Werkstatt Ahrens angefertigt. Kosten: 7000 Mark. Die Umbauarbeiten dauerten bis 1970, am 25. Oktober erfolgte die Einweihung. Die gesamte Renovierung kostete 81 818 Mark. 1978 wurde die Lautsprecheranlage angeschafft. Die Infrarot-Bankstrahlheizung bekam die Kirchgemeinde gebraucht von der Gemeinde Münnerstadt geschenkt. Sie wurde am 13. Februar 1990 eingeweiht. Im Herbst 1994 begann die Kaltennordheimer Dachdeckerfirma Bodo Heim mit der Erneuerung des Kirchendaches. Ferner wurde der alte Schlot abgetragen und eine neue Blitzschutzanlage installiert. Die Bauleitung oblag dem Kaltennordheimer Architekten Michael Dittmar.
Die Nikolaikirche wird bis auf die Wintermonate für Gottesdienste genutzt. Im Winterhalbjahr finden die Gottesdienste im Gemeindehaus statt.


Zum Pfarramt: Kaltennordheim stand ehemals mit seinen Kirchenrechten unter der Herrschaft Hennebergs. Der Pfarrer von Kaltennordheim verwaltete zugleich die Aufsicht über die Parochie von Kaltenwestheim, Kaltensundheim, Fischbach, Dermbach, Neidhartshausen und Brunnhartshausen. 1554 erfolgte die Anstellung des ersten evangelischen, des in Wittenberg ordinierten Pfarrers: M. Johann Heller, aus Nürberg stammend. Ihm oblag zeitweise sogar die Pfarrei Stepfershausen. Kaltennordheim war seit 1690 Oberpfarrerstelle, genannt Inspektorat. Im Altarraum der Nikolaikirche befindet sich eine Tafel, auf der sämtliche Kaltennordheimer Pfarrer seit der Reformation aufgeführt sind.
Sie endet mit Oberpfarrer Gustav Hohmann, Vorgänger des jetzigen Pfarrers Manfred Sachs.

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