Bauernerhebung und Belagerung der Burg Kaltennordheim 1525

Bereits 1521 war Luther auf dem Rückweg von Worms durch das Henneberger Land gezogen. Hier fand er zahlreiche begeisterte Anhänger seiner neuen Glaubenslehre.

Im Jahre 1523 kam es im Raum Salzungen zu ersten Unruhen in der Bauernschaft. Aus einem Brief des hessischen Rentmeisters an Graf Wilhelm IV. von Henneberg geht hervor, dass ein Prediger in der Umgebung große Aufruhr unter dem Volk hervorgebracht habe. Es heißt darin: „... so hatte derselbige Prediger (welcher bereits in Benshausen das Volk zur Aufruhr gebracht habe), kurz hie vor zu Salzungen auch wider der amtlaut und des rates willen außerhalb der Stadt bei einer Kirchen gepredigt und durch die selbigen sein Predigt ein merklich groes ufruer und entboerung hervorgerufen.“
Hans Hut (geb. 1490) führte in Bibra um diese Zeit eine Buchdruckerei und sorgte für die Verbreitung reformatorischer Schriften von Luther und Müntzer. Zu diesen Schriften gehörte u.a. Müntzers Veröffentlichung „Ausgedruckte Entblößung”, in der er die gesellschaftlichen Missstände in Kirche und Staat anprangerte.


Anfang April 1525 begann der Aufstand in Fulda und es breiteten sich die Unruhen auch in den benachbarten Gebieten des Henneberger Landes aus.
Am 6. April rief Graf Johann von Henneberg, der damalige Abt zu Fulda, die Adeligen der Umgebung zur Waffenbereitschaft auf. Um den 18. April erfasste der Bauernaufstand das Gebiet um die Stadt Tann. In einer schriftlichen Überlieferung heißt es: „Sind etliche burn umb die Tann zusammen gethan und die Thenischen ihre jungherrn genötigt inen die 12 artickel zugelassen, des inen auch brif und Sigel geben. ... Diselben burn haben sich vorgenehmen las, das closter Zel (Zella/Rhön) inzunehmen, und als ich bericht, so flenet (flieht) der porbst Johann dazu. Van seign aber hin flonen, weis ich nit."
Graf Wilhelm IV. bot seinem Sohn, dem Abt Johann zu Fulda an, ihm einen Prediger zwecks geschickter Vermittlung zu senden. Er schrieb ihm: „Wir wollen auch zum forderlichsten zwen prediger, die das evangelium lauter und nicht urfruhrisch predigen sollen, die etwas fast gelert und geschickt zu uns bescheiden, derselben einen gein Fulda wie begeren schicken."
Der Zorn der Bauern hatte aber bereits ein Ausmaß angenommen, dass auch derartige Prediger sie nicht mehr besänftigen konnten. Am 19. April berichtet
Abt Johann seinem Vater, dem Grafen Wilhelm IV. von Henneberg, daß der Aufstand überall im Fuldaer Land ausgebrochen sei.


Am 17. April predigte Georg Witzel, ein Anhänger Luthers und ein Freund Melchior Rincks (ne ben Hans Hut engste Anhänger Müntzers), in Unterbreitzbach und am 18. April in Sünna und Vacha. Am 20. April begannen die Aufstände in Vacha und im Feldatal. Der „Schwarze Haufen" von Fulda richtete sich gegen das Kloster Zella. Die Bauern der umliegenden Orte im Hennebergischen kamen ihnen jedoch zuvor und drangen am 20. April in das Kloster Zella ein. Der Amtmann von Kaltennordheim, Tham von Herda, schickte seinen Diener und den Vogt zu Diedorf (Andreas Dietsch) zu den Bauern, um sie umzustimmen. Wie in den Uberlieferungen berichtet, gelang es Ihnen ,... daß sie sie aus dem Kloster bracht. Aber nichts destoweniger sein in bei dreißgigen zu den Theinischen (Tann'schen) und andern burn gelofen, so gestern vor Geiß gelegen, sich horen lassen, sie wolln den selbigen haufen zu inen auch holen ... Welchem von adel sie betreten, muß sich ires gefallens verschreiben, wie di theinischen auch haben tun mussen. Der Probst zu der Zell hat sien bestes gen Northeim geflohet".
Der Probst (Johann Loher), welcher hier genannt wird, war 1517 zum zweiten Mal von Fulda im Zellaer Kloster eingesetzt worden. Angesichts der nahenden Bauern hatte er die im Kloster ansässigen Nonnen in das fuldische Kloster Tulba geschickt. Er selbst floh mit den wichtigsten Klosterbüchern in das Schloss Kaltennordheim.
Der Kaltennordheimer Amtmann Tham von Herda berichtet am 25. April an Graf Wilhelm von Henneberg nach Maßfeld (Festung Untermaßfeld), dass „... im nidren gericht Fyschberg die burn alle hinweck wären, auch die pfarrer und pfaffen, und es sein nichts mehr in dorfern denn Weib und Kinder ..."


Alle Männer befänden sich im Lager bei Salzungen, von wo aus man vorhabe, im Laufe des Tages nach Breitungen weiterzuziehen. Er klagt: Keiner habe Mut gegen die Bauern vorzugehen:

„Ich will nit glaub, daß die Welt von Anfang also mitstreig und feig gewest seig als itzud." („Ich will nicht glauben, daß die Welt von Anfang an so mißgünstig und feig gewesen sein soll als jetzt.")
, ... es gefelt in alen wol diese entporung, wiln gern all frei sein." (... es gefällt ihnen allen diese Empörung, wollen gern alle frei sein.)


Was die Verteidigung des Schlosses Kaltennordheim betrifft, so berichtet er an Graf Wilhelm: Es fehle an „... buchsen, bulfer und ales, was zur wer dint".


Neben dem Probst von Zella, befand sich auch Friedrich von Haun, der Rittergutsbesitzer zu Diedorf, im Schloss Kaltennordheim. Amtmann Tham von Herda hatte ihn sicherheitshalber mit nach Kaltennordheim genommen, da Friedrich von Haun von den Bauern arg bedroht wurde, und sie ihn sogar in der Felda ertränken wollten. Selbst der Freibote zu Diedorf sei zu den Bauern übergelaufen.
Im Kaltennordheimer Schloss rechnete man nun mit einem Angriff der Bauern und man bedauerte, dass man nur schlecht gerüstet sei. Von Seiten der Grafschaft konnte man keine Hilfe erwarten, da Graf Wilhelm IV. selbst sowie alle anderen Adelshäuser sich in arger Bedrängnis befanden.


Ein letztes Mal ersuchte man den Amtmann von Maßfeld um Hilfe durch die Zusendung von Pulver und Blei sowie um 100 Mann zur Verteidigung. Statt der Hilfe bekam v. Herda jedoch den Befehl, selbst mit den Bauern zu verhandeln. In weiser Voraussicht gab ihm der Graf Anweisung, den Bauern all das zuzugestehen, was man ihnen in anderen Gebieten bereits zugesagt hatte. Der Amtmann von Kaltennordheim musste jedoch bald erfahren, dass auch er bei den Bauern kein gutes Ansehen hatte. In Anbetracht der wachsenden Bedrängnis floh er schließlich selbst für einige Tage in die Festung nach Maßfeld.
Am 3. Mai erzwang die Führung des „Werrahaufens" die Unterschrift des Grafen Wilhelm unter die 12 Artikel im Bauernlager bei Meiningen. Inzwischen ging Landgraf Phillip von Hessen mit seinem Heer gegen die aufständischen Bauern vor. Er verbündete sich mit den Grafen des Henneberger Landes und den sächsischen Kurfürsten. Angesichts der bestens ausgerüsteten Übermacht konnte das Heer der Fürsten bald den Sieg über die Aufständischen herbeiführen. Die entscheidende Schlacht bei Frabkenhausen am 15. Mai 1525 führte zur endgültigen Niederlage der Bauern. Die Ehefrau des Amtmanns von Kaltennordheim sandte bereits am 5. Mai die Nachricht an ihren Mann nach Maßfeld, dass das Schloss Kaltennordheim zwar von den Bauern eingenommen worden sei, sie sich aber bereits verstreut und in die nahen Wälder zurückgezogen hätten.


Die Rhönbauern der hiesigen Gegend versammelten sich nun zunächst in einem Lager am Weidberg. Dorthin begab sich der Amtmann Tham von Herda, nach seiner Rückkehr mit mehreren Begleitpersonen, um, wie ihm vom Grafen befohlen, mit den Bauern zu verhandeln. Dort soll er die Bauern dazu bewogen haben, von ihrem Plan, dem Hessischen Heer zum Kampf entgegen zuziehen, Abstand zu nehmen.
Bald darauf reiste Tham von Herda in das Lager des Grafen Phillip von Hessen, um einen Einfall dessen Truppen in die Amter Kaltennordheim und Fyschberg abzuwenden. Dies gelang ihm, und den Dörfern im Feldatal blieb ein solcher Übergriff erspart. Dem Sieger über den Bauernaufstand, dem Landgrafen Philipp von Hessen, wurden die hiesigen Ämter jedoch zur Zahlung einer „Buse" verpflichtet.
Neben anderen Naturalien mussten die Ämter Kaltennordheim und Fyschberg 1200 Malter Hafer Entschädigung zahlen. Viele Bauern, welche am Aufstand beteiligt waren, kehrten aus Angst vor Verfolgung nicht mehr in ihren Dörfern und zu ihren Familien zurück. Im folgendem Jahr 1526 wurden alle Bauern in einem Leheseid ihrer Grafschaft als „getreue Untertanen” neu verpflichtet.

Zurück