Der Bau der Feldabahn

Das Eisenacher Oberland war um 1875 verkehrsmäßig kaum erschlossen. Es lag abseits der großen Eisenbahnlinien, die um die Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland erbaut worden sind.

Es fehlte jedoch nicht an Bemühungen, diesen Zustand zum Besseren zu ändern, waren doch unterschiedlichste Kreise des einheimischen Bürgertums und des Adels an einer Industrialisierung der Rhön interessiert. Letztlich fehlte es aber an Geld in der Staatskasse der Großherzoglichen Regierung. Und so wurden die Hoffnungen zunächst nicht realisiert. Immer wieder wurden aber die Forderungen nach einem Bahnbau durch das Feldatal mit Anschluss an die 1858 erbaute Werrabahn laut.


Im Jahre 1877 kam es zur Bildung eines Eisenbahnkomitees durch einflussreiche Bürger aus den Orten des Feldatales. Aus Kostengründen erstellte man ein Projekt zum Bau einer Schmalspurbahn. Nach zahlreichen Diskussionen und Genehmigungsverfahren wurde schließlich am 16. März 1878 der Bau- und Betriebsvertrag zwischen dem Großherzoglichen Staatsministerium und der Münchner Lokomotiven Fabrik Georg Kraus unterzeichnet. Der Großherzog Carl-Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach führte Anfang Juni dieses Jahres höchstpersönlich eine Inspektionsreise in das Feldagebiet durch, wobei er sich über die wirtschaftlichen Gegebenheiten dieser Region umfassend informierte.


Am 24. Juni 1878 fand in Salzungen in feierlichem Zeremoniell der erste Spatenstich statt. Der Bau der Strecke sollte in vier Abschnitten erfolgen.
1. Abschnitt: Salzungen - Dorndorf - Lengsfeld 2. Abschnitt: Dorndorf - Vacha 3. Abschnitt: Lengsfeld - Dermbach 4. Abschnitt: Dermbach - Kaltennordheim
Nach einer Bauzeit von zirka zwei Jahren konnte am 1. Juli 1880 das letzte Teilstück der Strecke von Dermbach nach Kaltennordheim eröffnet werden. Erst durch die Erschließung des Eisenacher Oberlandes durch die Feldabahn konnten auch hier erste Fortschritte einer Industrialisierung erreicht werden.
In den folgenden Jahren kam es in den Orten entlang der Feldabahn zu zahlreichen Firmengründungen. Im Jahre 1895 bis 1900 wurde in Kaiseroda der erste Kalischacht angelegt. Bereits 1901 nahm das erste Kaliwerk seinen Betrieb auf. In den Jahren bis 1921 wurden weitere Schächte in Dorndorf, Merkers und Menzengraben getauft.
Mit der wirtschaftlichen Entwicklung wuchsen rasch die Anforderungen an die Bahn. So kam bald die berechtigte Forderung seitens der Industriebetriebe, die Schmalspurbahn auf Normalspur umzubauen. 1904 übernahm die Königlich-Preußische Bahnverwaltung den Betrieb der Feldabahn.


Schon 1906 erfolgte der Umbau der Strecke von Salzungen nach Vacha auf Normalspur. Doch dem Umbau der weiteren Strecke standen nun vorerst finanzielle Probleme entgegen. Da der Güter- und Personentransport durch die Entwicklung der hier ansässigen Betriebe aber stark anstieg, wurden 1912 erneut Anträge an die Großherzogliche Regierung und an die Eisenbahndirektion gestellt. Als man sich im Jahre 1914 endlich für den Umbau entschlossen hatte, kam es zum Ausbruch des I. Weltkrieges und alle Vorbereitungen wurden abgebrochen. Der verlorene Krieg und die daraufhin folgenden schlechten Wirtschaftsverhältnisse machten nun eine Verwirklichung der Umbaupläne vorerst unmöglich.
Anfang 1920 wurden wieder Verhandlungen zwischen dem Reichsverkehrsministerium und dem Land Thüringen geführt, so dass im Jahre 1923 erneut mit vorbereitenden Arbeiten begonnen werden konnte. Doch durch die zunehmende Geldentwertung wurden diese wiederum eingestellt.


1928 wurden schließlich die Gelder für den Umbau bewilligt und gleichzeitig vereinbart, den Umbau als Notstandsarbeiten auszuführen. Ende August 1928 erfolgte der erste Spatenstich zum Umbau der Feldabahn auf Normalspur.
Mit einigen Bauunterbrechungen konnte die neue Feldabahn am 7. Oktober 1934 endlich in Betrieb gehen.
In den folgenden Jahren stieg das Transportaufkommen der Feldabahn beständig an, so dass sich der Umbau schon bald als vorteilhaft erwies. Erst in den Kriegsjahren wurde der Bahnverkehr wieder eingeschränkt.


Nach dem II. Weltkrieg kam die Produktion in den Betrieben langsam wieder in Gang, und auch die Feldabahn wurde als Transportmittel mehr denn je gebraucht. Im Personenverkehr hatte die Feldabahn die Aufgabe den Berufsverkehr zu den Kalibetrieben und zur Kreisstadt Bad Salzungen und in andere Orte zu bewältigen, was auch stets mit hoher Pünktlichkeitsquote erreicht wurde. Als Transportmittel für Kali, für Holz und Fertigprodukte der regionalen Industriebetriebe schien die Bahn unersetzlich.
Mitte der sechziger Jahre gab es Überlegungen, den Personenverkehr stillzulegen, was allerdings durch den Omnibusverkehr nicht realisiert werden konnte.
Anfang der siebziger Jahre wurde in Kaltennordheim ein Agrochemisches Zentrum errichtet, das vom Bahnhof aus einem Anschlussgleis erhielt. Durch die Anordnung der DDR-Regierung um 1978, „Alle Güter von der Straße auf die Schiene!", stieg das Transportaufkommen der Feldabahn noch einmal stark an. So mussten nun pro Tag zwei Güterzüge eingesetzt werden, wo vormals einer gereicht hatte.


Erst nach der Wende ging das Verkehrsaufkommen im Personenverkehr wie auch im Güterverkehr drastisch zurück. Der Erhalt der Feldabahn ist nun in Frage gestellt. Die Rhönbevölkerung war in den vergangenen Jahrzehnten mit ihrer „Fälleboh” eng verbunden und so manche Legende, die mit ihr in Verbindung steht, blieb im Volksmund lebendig. Das Feldatal ohne das Pfeifen der Bahn? Wohl keiner kann und möchte sich das vorstellen.
Die Thüringer Rhön soll in den kommenden Jahren für den Tourismus erschlossen werden. Diesem Vorhaben könnte auch die Feldabahn dienen. Zur Zeit gibt es seitens der betreffenden staatlichen Stellen Überlegungen für eine eventuelle touristische Nutzung, doch diese, vorerst nur gelegentlich aufflackernden Gedanken, zeigen bisher keinerlei Ansätze zur Verwirklichung. So bleibt der Erhalt der Feldabahn weiter fraglich.


Trotz steigender Unfallzahlen und einer fast unerträglichen Verkehrsbelastung in den Orten, die durch die B 285 durchschnitten werden, ist das Auto noch immer König der Marktwirtschaft.

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