Kaltennordheim als Zentrum und Marktort im Wandel der Zeiten

Schon in den Urkunden des frühen Mittelalters wird Nordheim im Tullifeld schon als „Mark” bezeichnet. Im Jahre 1145 gehörte Nordheim im Tullifeld mit mehreren benachbarten Zentren einem gemeinsam gegründeten Schutzverband an.

In solchen Orten wurden auch damals schon Märkte gehalten. Es war die Zeit, als sich das alte fränkische Königreich mit seinen zahlreichen kleinen Dynastien auflöste.
Die Machtstrukturen verschoben sich zugunsten weniger Grafschaften, welche sich durch vermehrten Erwerb von Grundbesitz herausgebildet hatten. Zu ihnen gehörten die Grafen von Henneberg, die aus einer Linie der Popponen hervorgegangen sind. Der erste genannte Gaugraf im Grabfeld und im Tullifeld, namens „Poppo", wird im 9. Jh. genannt. Ein weiterer, Graf Poppo I., der 1078 starb, wird nach neusten Forschungen als Begründer der Bezeichnung „von Henneberg” ab 1096 angesehen. Dieser Beiname geht auf die Stammburg der Henneberger bei Henneberg (südl. v. Meiningen) zurück, welche im 11. Jh. erbaut worden ist.
Die frühmittelalterlichen Zentren bildeten sich in der Regel in Gebieten heraus, in denen sich alte Handelsstraßen kreuzten. Zum Feldagebiet betrifft das die Straße über den alten Pass der Hohen Rhön bei Frankenheim, welche über die alte fränkische Mark Hoitinio (1. urk. Erw. im 8.Jh.) über (Kalten-) Sundheim nach (Kalten-) Nordheim-, und weiter über den Hang am Umpfen nach Diedorf (1 urk. Erw. 887) führte. Diese über den Pass führende Straße wurde auch „Hohe Straße" benannt. Auch Diedorf wird im 9. Jh. schon als „Mark” genannt und kann, wie auch Nordheim im Tullifeld als fränkischer Königssitz, ehemaliger Ausgangsort zur Durchsetzung der fränkischen Staatsordnung betrachtet werden. Solche Zentren stellten gleichzeitig Handelszentren dar.


Eine Abzweigung dieser Nord-Süd-Verbindung führte nach Osten über den Hang des Umpfen nach Kaltenlengsfeld, in das Gebiet des späteren Amtes Sand (Oepfershausen) bis in Werratal (Wasungen). Gleichzeitig waren in diesen Zentren königliche Rittergüter vorhanden. In Kaltennordheim werden etliche alte Güter genannt, welche wahrscheinlich auf frühmittelalterliche Königslehen zurückzuführen sind.
Seit 1274 gehörte Kaltennordheim zum Territorialbesitz der Grafen von Henneberg. Zur Burg Kaltennordheim gehörte auch der „Hennebergische Hof", der sich östlich der Burg innerhalb der Ringmauer befindet. Durch die Festigung des Handwerkes und des Markthandels im 15. und 16. Jh. begründeten die Grafen v. Henneberg den Ort Kaltennordheim erneut als Marktzentrum im Feldatal durch die Verleihung des Stadtrechtes im Jahre 1562.
Von den Jahrmärkten entwickelte sich der Pfingstmarkt im Laufe der folgenden Jahrhunderte zu einer festen Tradition. Er wurde zu Pfingsten 1563 erstmals gehalten. Es war ein Bauern- und Handwerkermarkt. Das von den Grafen von Henneberg stark geförderte Handwerk erreichte um diese Zeit seinen Höhepunkt. Das Marktleben dieser Zeit war bestimmt von einer großen Vielfältigkeit und einem regen Treiben. Die Bauern verkauften lebendes Vieh, Tierfelle, Eier, Käse, Milch und Feldfrüchte; daneben die Handwerker mit Körben, Mollen, Holzschuhen, Böttcherwaren, Tontöpfen, Webwaren und Garn.
Der Marktmeister, der auch damals schon die Standgelder einnahm und den Händlern ihre Plätze zuwies, muss ein handfester Bursche gewesen sein. Das Ausrufen der Marktschreier, das Feilschen und Streiten prägten den Marktalltag. Kam es zu Handgreiflichkeiten, Diebstahl oder sonstigen größeren Vergehen gegen die Marktordnung oder gegen Recht und Sitte, so waltete der Büddel seines Amtes und sperrte die Übeltäter in den Kaltennordheimer Turm.


Die Bauern der Umgebung kannten sich über viele Generationen. Man wusste über Stärken und Schwächen, des anderen recht gut Bescheid und konnte auch die soziale Lage untereinander ein schätzen. Die Märkte, vor allem der alljährliche Pfingstmarkt, waren somit auch eine gute Gelegenheit, eheliche Verbindungen zu knüpfen. Auf diese Weise erhielt der Pfingstmarkt in Kaltennordheim seine volksmündliche Bezeichnung „Heiratsmarkt".
Bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts blieben die Märkte in Kaltennordheim, insbesondere der als „Heiratsmarkt" bekannte Pfingstmarkt, in dieser Form erhalten. In den vergangenen Jahrhunderten wurde der öffentliche Handel vorwiegend von den Märkten bestimmt. Mit der Entwicklung des gewerblichen Handels verlor das Marktleben seine alte Bedeutung. Seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts sind Schausteller auf dem Heiratsmarkt vertreten. Der Kaltennordheimer „Heiratsmarkt" begann sich von nun an mehr und mehr in ein Volksfest zu verwandeln. In den folgenden Jahrzehnten wurde er das bekannteste Volksfest in der Thüringer Rhön.
Kaltennordheim hat seine alte Bedeutung als Zentrum mit Umlandfunktion bis heute erhalten. Zahlreiche Geschäfte, drei Bankfilialen, zehn Arzte, eine Apotheke, 30 Betriebe des produzierenden Gewerbes (Stand Jan. 1994), eine Grundschule und eine Regelschule sind heute hier ansässig. Die B 285, Busverbindungen nach Bad Salzungen-Eisenach und Meiningen sowie die Felda bahn bieten optimale Verkehrsverbindungen. Das neu entstehende Gewerbegebiet am Ergel schafft ausreichend Möglichkeiten zur Neuansiedlung von Klein- und Mittelständischen Betrieben.

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