Hexenwahn und Aberglaube

Es war die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg. Zahlreiche Höfe lagen noch in Trümmern, die Felder verwüstet, nur wenige wurden bestellt. Viele Menschen waren dem Kriege zum Opfer gefallen oder an der Pest gestorben, andere waren obdachlos und strichen als Bettler durchs Land. In manchen Orten war die Bevölkerungszahl bis auf ein Fünftel zurückgegangen.

Die Erinnerungen waren geprägt von Gräueltaten durchziehender Soldaten verschiedenster Armeen. Misstrauen, Angst und Kriminalität bestimmten den Alltag. Auf fruchtbaren Boden fiel dabei der Aberglaube, der sich wie eine Seuche ausbreitete. Gepaart mit religiösem Eifer, Unwissenheit, Neid und Verleumdung führte diese Situation zum schlimmsten Irrtum in der Justizgeschichte.
War erst ein Mensch, aus welchem Grunde auch immer, ins Gerede gekommen, so ließ das Inquisitionsgericht nicht lange auf sich warten. Unter Anwendung der Folter erpresste man so gut wie jedes Geständnis der widersinnigsten Anschuldigungen. Und meist folgten auf Grund von Rachegefühlen neue Beschuldigungen, aus denen wiederum neue Prozesse entstanden.
So wurden im Zeitraum von 1597 bis 1676 in der Grafschaft Henneberg 197 Hexenverbrennungen vollzogen. Außerdem sind viele Beschuldigte an den Folgen der Folter und der Haftbedingungen bereits vor der Hinrichtung gestorben. Ursprünglich wurden die Verurteilten bei lebendigem Leibe auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Erst ab 1628 wurden die Opfer vor der Verbrennung enthauptet.
Auch die Archivmaterialien des Amtsgerichtes Kaltennordheim weisen eine beachtliche Anzahl Hexenprozesse auf.
Nach Akten des Amtsgerichtes lassen sich folgende Fälle nachweisen: (C. E. Bach: „Im Tullifeld”, R. Gerlach: „Chronik v. K.")


1652 ... von einer Hexe zu Tode gemartert", wurde angeblich der Pfarrer Kr. aus Oberweid
1657 „... von seiner Mutter zu Tode gezaubert", starb Hans Br.,
1660 - wurde die Kaltennordheimer Hebamme verbrannt, da sie angeblich ihre Schwiegermutter behext habe, so dass diese 12 Jahre verrückt gewesen sei,
1660 - ist Osanna K. (Schmiedes Weib) wegen Hexerei verbrannt worden,
1663 - ist Martha Sch. (Weib des Anton S.) aus Kaltennordheim. verbrannt worden,
1663 - ist ferner Ursula (Heinz T. Weib) wegen Hexerei verbrannt worden,
1682 - Margaretha L., Osanna G. und Anna Sch. aus Oberweid in Kaltennordheim verbrannt worden,
1683 - Martha K., in Dermbach hingerichtet wegen Hexerei,
1683 - Ottilia L. aus Klings und ihre Tochter in Haft genommen, Ottilia starb nach der Tortur im Gefängnis, ihre Tochter wurde des Landes verwiesen,
1656 - Anna Hans Hennebergers Weib aus Bronnhartsh. hingerichtet wegen Hexerei,
1655 - Barbara Hansens Denners Weib bei der breiten Linde (Hexenlinde) zum Tanz gewesen, - eximiniert worden,
1660 - Elisabeth, des Jakob Peters Weib (genannt die Butterlies) aus Unteralba wird der Hexerei beschuldigt und nach langem Prozess auf den „Schöppenstuhl" nach Jena gebracht und hingerichtet.


Im Jahre 1884 veröffentlichte Ludwig Bechstein seine „Hexengeschichten". Nach Recherchen aus Gerichtsakten des Amtsgerichtes Kaltennordheim schildert er das Schicksal der Katharina Dietmar aus Kaltennordheim, genannt „Geiskäth”, die der Hexerei beschuldigt, im Kaltennordheimer Amtsgericht 1664 vielfach verhört und schließlich in Jena hingerichtet worden ist.
Meist waren es gerade jene Frauen, die an Klugheit, Geschicklichkeit und Mut anderen überlegen waren oder die selbstlos, ohne Ansehen der Person, Hilfe leisteten. Die langen Kriegsjahre machten solches Handeln oftmals erforderlich.


Auszug aus „Im Tullifeld" von C. E. Bach, Kaltennordheim 1885, Band IV: Betrifft den Prozess gegen die „Butterlies” aus Unteralba
e., Walter, Superint. in Dermbach (1876) führt in s. Pfarr=Chronik aus:


„Jakob Peters E ... Eheweib, vulgo Butterlies aus Unteralba wurde im Juli 1657 von 9 Zeugen der Hexerei beschuldigt; H. G. in U. ihr eigener Bruder ist einer derselben; - Schultheiß Georg K. zeihet sie, „daß sie ihm einen Ochsen gesterbet hätte! Sie wäre nun alt genug, er wolle sie selbst verbrennen lassen!" - und das war ihr Schwager ... Ambt Kaltennordheim berichtet in dieser Angelegenheit an die Churfürstl. Hennebergische Regierung in Meiningen u. u. 1660 giebt der Schöppenstuhl zu „Jehna” das Urtel. Die Tortur preßt der Angeklagten das Geständnis aus, daß die 15 Anklagen wahr sein u. u. "- 1687 wird ein ähnlicher Prozeß gegen Barbara, Georg H...s Eheweib in Oberalba angestrengt, obschon ihr Beichtvater Feuchter ihr ein gutes Zeugnis gibt; 19 Zeugen werden vernommen! Sie beschuldigen -, und tagelang wird die alte Frau schrecklich gemartert. Herzog Johann Georg zu Sachsen-Eisenach entscheidet endlich, die Inquisitin nach abgelegter Urfehde zu entlassen, 14. März 1688. - Die Kosten betrugen 85 Gld. und 14 Thaler."- 1676 ist Anna Elise St... in Dermbach enthauptet und verbrannt worden. 1679 ist Kunigunde Ge..., Witwe, 76 Jahre alt, von Oberalba während des Prozesses gestorben; 1681, d. 21. Apr. wurden Barbara K... aus Dermbach, u. den 27. Mai Kunigunde S... von Neidhartsh. beide enthauptet und dann verbrannt."

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