Auf einem kleinen Hügel, vom Friedhof umgeben, befindet sich die Gottesackerkirche. Lange Zeit war sie die einzige Kirche in Kaltennordheim.
Es ist nicht genau bekannt, wann die Kirche errichtet wurde. Alten Schriften kann man lediglich entnehmen, dass sie bereits im Mittelalter erbaut wurde und Nachfolgerin einer Holzkirche ist, die zuvor auf diesem Hügel, der sich damals noch außerhalb der Stadt befand, gestanden haben soll. Die Kirche wurde nach Kilian, dem Missionar der Franken, benannt. Ihre jetzige Gestalt erhielt die Kirche durch mehrere Umbauten. 1568 (die Jahreszahl steht über einem rundbogigen Südportale) wurde eine umfangreiche Umgestaltung des Gotteshauses vorgenommen.
Nur wenige architektonische Formen deuten noch heute auf die mittelalterliche Herkunft der Friedhofskirche: ein schmales spitzbogiges Fenster in der Nordwand sowie ein kreisrundes Bogenfenster im Ostgiebel. Die Rundung ist mit sechs Kreisen besetzt. Auf die spätromanische Zeit deuten diese Formen. Ein Stein von der Form eines halben Rades, der am Westgiebel aus der Mauer herausragt, deutet ebenfalls auf diese Zeit hin. „Wahrscheinlich war es ein radförmiges Fenster aus der Zeit des spätromanischen Stils. Diesen Stein hat man, um das kahle Mauerwerk durch eine Schmuckform zu beleben, dort oben am Giebel eingemauert”, schreibt Richard Gerlach 1969 in seiner Chronik. Er vermutet, dass die beiden spitzbogigen Fenster an der Südseite frühestens beim Umbau im Jahre 1568 entstanden sind. Auch die spitzbogige Tür stamme nicht aus dem Mittelalter. Der Chronist stellte ferner fest: „Auf dem östlichen Türmchen weht eine kleine Fahne. Eine Windfahne als Henne. Aber kein Glöckchen läutet hier und es schlägt auch keine Stunde. Viele harrten aber hier einst vor Jahrhunderten des Eingangs zum Friedhof, als hier ein Siechenhaus stand, das den Lebensmatten geöffnet war." Von der alten Wetterfahne sind nur noch kümmerliche Reste vorhanden. Im Laufe der Jahre zerfraß der Rost den blechernen Turmabschluss.
In den Steinfußboden des Gotteshauses sind verschiedene alte Grabsteine integriert, die zumeist bis zur Unkenntlichkeit abgetreten sind. Einer der Steine stammt aus dem Jahr 1611, ein weiterer (mit zwei Wappen und einer großen Engelsfigur) aus der Zeit des Spätbarocks. Beide Steine liegen nahe der spitzbogigen Tür (Eingang zum Kirchenschiff).
Auch diese Kirche fiel Isolani zum Opfer, dann schweigt die Chronik über sie. Erst 1719 wird erwähnt, dass die Kirche bei einem Stadtbrand schwer beschädigt wurde, aber 1729 mit geringen Unkosten wiederaufgebaut werden konnte, da das Mauerwerk erhalten blieb.
Bis 1884 verfiel die Kirche und wurde wiederaufgebaut. Knapp 100 Jahre später wird die Kirche wieder renoviert. 1980 werden die Dachrinnen erneuert. 1981 beginnen umfangreiche Arbeiten: die Wände der Kirche werden trockengelegt, der schadhafte Putz erneuert und am Gestühl ein riesiger Eichenbalken entfernt, der sich als Stolperfalle erwies. Durch die Malerfirma Eckhold, unter Mitwirkung des Kirchenmalers Hollmann, werden die Malerarbeiten ausgeführt. Der Farbton wechselt von violett in zartblau, und im Gedenken an das Lutherjahr 1983 werden die Emporen mit Lutherrosen verziert. Die ursprünglich naturholzfarbene Orgel wird bunt bemalt und vergoldet. Am 11. September 1983 wird um 14 Uhr die Kirche in einem Festgottesdienst wieder eingeweiht.
Innerhalb dieser 100 Jahre zwischen den beiden Renovierungen war man übrigens keinesfalls untätig, belegt die Kirchenchronik. 1890 schaffte man beispielsweise eine Orgel an, die 1200 Mark kostete und am 4. Mai genannten Jahres eingeweiht wurde. Die erste Reparatur an diesem Instrument ist bereits 1903 verzeichnet. Der Grund: Mäuse hatten die Ventile der „Königin der Instrumente” zernagt. 60 Mark musste die Kirchgemeinde für die Instandsetzung bezahlen.
Am 8. März 1912 beschloss der Gemeindekirchenrat, die Orgel grundhaft sanieren zu lassen.
Kosten: 495 Mark. Der Ostheimer Orgelbaumeister Markert führte diese Arbeiten aus und musste das Instrument zu diesem Zweck zwischenzeitlich demontieren. Während der Orgelsanierung diente ein geliehenes Harmonium als musikalischer Gottesdienstbegleiter. 1947 muss das schadhaft gewordene Dach repariert werden und 1964 erhielt die Kirche einen Anschluss an das elektrische Netz. Die Kilianskirche wird zu Trauergottesdiensten im Sommerhalbjahr genutzt. Außerdem feiern seit 1947 die katholischen Brüder und Schwestern ihre Gottesdienste ebenfalls in der Friedhofskirche.
Kaltennordheim, im Oktober 1994
Stefan Sachs
Quellen:
Landeskunde (Kronfeld), erschienen 1879 in Weimar Chronik von Richard Gerlach, 1969 Archiv des evangelischen Pfarramtes Kaltennordheim Archiv Stefan Sachs